16.02.2022 10:12
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«Vertrauensvoll in die Zukunft schauen»

Als ich im 2016 im Lassalle Haus den ZEN-Einführungskurs besucht habe, bin ich über die Möglichkeit gestossen, hier im Lassalle Haus Langzeit-Gast zu sein. Von da an wusste ich, dass ich mir diesen Traum irgendwann mal erfüllen wollte. Ich habe im 2000 die klassische gesellschaftskonforme Lehre/Ausbildung als kaufmännische Angestellte im Bankensektor absolviert und bin dann all die Jahre diesem Beruf auch mehr oder weniger treu geblieben. Doch seit ca. fünf Jahren stelle ich mir immer wieder die Frage vom Sinn des Lebens. Ist es das, was ich wirklich will? Ist das meine Bestimmung? Will ich den Rest meines Lebens in diesem Berufsumfeld verbringen? In dieser hektischen, leistungsorientierten, gierigen Konsumgesellschaft, die nie zur Ruhe kommt und immer mehr und mehr will? Im Frühling 2021 merkte ich dann, so kann es für mich nicht weitergehen. Mein Herz brannte nicht mehr und es war nur noch ein mühsames „Abarbeiten“ der alltäglichen Arbeiten und Anforderungen.

So kam es, dass ich auf Ende Oktober 2021 meinen Job und Wohnung gekündigt habe, um meinen lang ersehnten Herzens-Traum zu erfüllen: drei Monaten im Lassalle-Haus als Langzeit-Gast (tätig) zu sein.

Ich habe mich ab dem ersten Tag willkommen und zu Hause gefühlt hier im Lassalle-Haus. Sich getragen fühlen von einem wohlwollenden Umfeld, den vorgegebenen Strukturen (Arbeit, Meditationen, Gottesdienste und Kurse) und viel Freizeit. Freizeit, um wieder bei sich anzukommen und die innere Quelle des Vertrauens zu entdecken. Ganz speziell möchte ich hier die gelebte Gemeinschaft erwähnen: zum ersten mal in meinem Leben durfte ich eine solche Art von Gemeinschaft kennen und schätzen lernen. Anfänglich war die Vorstellung, mit den Jesuiten und den anderen Langzeit-Gästen zusammen zu leben, ein wenig Respekt einflössend. Doch ziemlich rasch merkte ich, dass jede und jeder so akzeptiert und respektiert wird wie sie/er ist ohne Wertung, Verurteilung oder Lästerung; v.a. der Zusammenhalt unter den Langzeit-Gästen war unglaublich herzlich und wohlwollend. Wie eine zweite Familie - wofür ich zu tiefst dankbar bin. Was mich auch sehr berührt hat, sind die täglichen Gottesdienste. Ich hatte nie wirklich einen Bezug zu „Gott“. Wer war er? Wo war er? Er fühlte sich so weit weg an, so unrealistisch. Doch mit der Zeit realisierte und spürte ich, dass Gott in uns und in allen Dingen ist. Er ist unsere Kraft, unser Urvertrauen, unser SEIN. Wir können ihn auch unsere „Seele“ nennen. Sobald wir diese Liebe zum ersten Mal wahrnehmen, kehrt in uns eine unglaubliche Ruhe und Klarheit ein.

Unter anderem habe ich das Winterfasten besucht und an diesem Kurs hat uns das Lied von Silja Walter die ganze Woche hindurch begleitet: „Du lehr mich dich kennen, dann lass ich das Rennen, ich laufe nicht weiter, ich höre dir zu“. So wenige Worte braucht es, um die Essenz unseres Daseins zu beschreiben.

Ja, diese drei Monaten waren wahrhaftig in allen Belangen eine wunderbare, nährende und unvergessliche Zeit mit vielen inspirierenden Begegnungen, Gesprächen, stillen Momenten, Hochs und Tiefs. Eine „Auszeit zur rechten Zeit“ und hierfür möchte ich mich von Herzen beim ganzen Lassalle-Haus bedanken. Danke sagen für diese Möglichkeit von Rückzug und Einkehr, um dann gestärkt wieder in die Welt (hinaus) zu gehen.

Ich für mich weiss nun, dass ich aus tiefstem Vertrauen schöpfen darf und meiner Zukunft freudig entgegenblicken kann.

Vielen Dank für alles!

Patricia F.

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